Referat für Gesellschaft, Innovation und Nachhaltigkeit

Das vorherige Referat für Gesellschaftspolitik (Gespol) wurde im Juni 2018 in Referat für Gesellschaft, Innovation und Nachhaltigkeit umbenannt. Ganz klar im Fokus dieses Referats ist der Schwerpunkt Nachhaltigkeit, der immer wichtiger in unserer Gesellschaft wird. Workshops, Diskussionsabende, kostenlose Fahrradchecks sowie Sportkurse sind nur einige der Veranstaltungen, die von diesem Referat organisiert werden. Nähere Informationen zu den aktuellen Veranstaltungen sind auf der Instagramseite  des Referats ersichtlich.

Fachbereiche des Referates:

  • Nachhaltigkeit
  • Sport und Gesundheit
  • Lebensraum Universität
  • Privatsphäre und Datenschutz
  • Studierendenlabore und Makerspaces
  • Urban Gardening

Gastkommentar - die Jahrhundertchance

Kommentar von Selina Antonia Schaffenrath

Es ist das erklärte, vom Grazer Gemeinderat beschlossene Ziel, dass der Autoverkehr in der Stadt bis 2030 um ein Viertel zurückgeht. Das Konzept der „Jahrhundertchance“ könnte dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen, würde es politisch umgesetzt werden. Es wurde vom Verkehrsplaner Karl-Heinz Posch und Verkehrsexperten Karl Reiter entwickelt, mit Unterstützung von mehreren Masterstudierenden der Urbi-Fakultät der Universität Graz. Doch was sieht das Projekt konkret vor und welche Vorteile hätte es für die Grazer Innenstadt?

 

Der Straßenverkehr macht etwa ein Fünftel der EU-Emissionen aus, der Großteil davon ist auf PKWs zurückzuführen. Um die Klimaziele einhalten zu können, braucht es einen Rückgang des motorisierten Verkehrs und eine stärkere Nutzung von umweltfreundlicheren Arten der Fortbewegung, die dem sogenannte „Umweltverbund“ angehören - das ist ein Begriff aus der Verkehrsplanung, der das zu Fuß gehen, Rad fahren und die Nutzung des öffentlichen Verkehrs umfasst.

In Graz bietet sich gerade eine einzigartige Chance, in kurzer Zeit und ohne viel Aufwand die Mobilitätswende voranzubringen - genau darum geht es beim Projekt Jahrhundertchance. Konkret geht es um das Gebiet, wo gerade die neue Straßenbahnstrecke gebaut wird. Derzeit ist geplant, dass nach dem Ende der Bauarbeiten fast der ganze Autoverkehr unverändert zurückkehrt. Die Entwickler*innen der Jahrhundertchance plädieren jedoch für die Umsetzung ein paar simpler und kostengünstiger Maßnahmen, um den Autoverkehr zu reduzieren und das Gebiet – insbesondere die Murufer – attraktiver zu machen.

Sie finden, dass jetzt der optimale Zeitpunkt dafür ist: Durch die lange Baustelle hat sich die Bevölkerung schon an neue Gegebenheiten angepasst, was die Umstellung einfacher macht. Das Konzept zielt darauf ab, den Bereich zwischen Annenstraße und Neutorgasse vom Durchzugsverkehr zu befreien. Um das Durchfahren mit dem Auto zu verhindern, sollen Fußgängerzonen inklusive breiten Radwegen geschaffen werden, etwa am Lendkai und Grieskai (vom Kunsthaus bis zum Hotel Weitzer). Die Erreichbarkeit mit dem Auto soll dennoch erhalten bleiben. Anrainer*innen, Lieferfahrzeuge oder Menschen mit eingeschränkter Mobilität sollen auch in die Fußgängerzonen fahren können, alle anderen können sich in der Nähe einen Parkplatz suchen (die umliegenden Parkgaragen sind meist nur zu etwa 60% ausgelastet) und das letzte Stück zu Fuß zurücklegen. Oder sie wählen das Rad oder die Öffis, denn diese Maßnahmen würden sich vor allem sehr positiv auf alle auswirken, die nicht mit dem Auto unterwegs sind.

Dadurch würde der öffentliche Raum, der jetzt vor allem auf die Autos ausgerichtet ist, fairer auf alle Verkehrsteilnehmenden verteilt werden. Und es gibt noch viele weitere Vorteile: Es werden Flächen frei, die begrünt werden können, was nicht nur schön aussieht, sondern auch zu weniger Hitze im Sommer führt. Die Lärmbelastung ist geringer, genauso wie die Luftverschmutzung. Betriebe könnten wirtschaftlich profitieren, weil die Menschen sich dort gerne aufhalten und flanieren. Daher hat das Konzept nicht nur von Stadtplaner*innen und Verkehrsexpert*innen viel Zuspruch erhalten, sondern auch von Unternehmer*innen von dort ansässigen Betrieben (z.B. Hotel Weitzer, Tribeka oder Mangolds).

Einige andere europäische Städte haben schon gezeigt, wie es gehen kann. Sei es die belgische Stadt Gent, Paris oder Ljubljana – es gibt heutzutage schon einige Städte, die es geschafft haben in zentralen Gebieten etwa durch Fußgängerzonen den Durchzugsverkehr zu unterbinden und dadurch den Umweltverbund zu stärken. Nach Einführung eines umfassenden Mobilitätskonzepts in Gent ist laut „Zeit Online“ die Autonutzung um 12% zurückgegangen.

Der Anteil der Radfahrenden ist hingegen um 25% gestiegen – und das alles innerhalb von ca. einem Jahr.

Wir finden, es ist an der Zeit, dass auch Graz einen solchen Weg einschlägt. Aktuell heißt es seitens der Politik, dass das Konzept interessant, aber nicht umsetzbar sei. Das Team der Jahrhundertchance hat die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben und versucht weiterhin die Idee zu verbreiten, Menschen zu mobilisieren und die Politik zu überzeugen, die Jahrhundertchance zu ergreifen, bevor sie verstrichen ist.

Wer noch mehr wissen möchte, kann die Website https://www.jahrhundertchance.at/ besuchen. Dort gibt es viele Infos und auch beeindruckende Bilder, die zeigen, wie schön Teile der Grazer Innenstadt bald aussehen könnten.